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Ein riesiges «Text-Bild» des Künstlers Renato Jordan auf dem Visper Bahnhofsplatz
V i s p. Bis gestern Donnerstag wirkte sie recht «kalt», die Nordfassade des Visper UBS-Gebäudes auf dem Bahnhofsplatz. Doch jetzt präsentiert sie sich in poetischem Gewand: Ein riesiges «Text-Bild» des Briger Künstlers Renato Jordan zeichnet verantwortlich dafür.
Sechzehn Meter breit und zehn Meter hoch - wahrlich beeindruckend sind die Masse dieses Werks. Nicht minder reizvoll daher kommt der Inhalt dieses «Schrift-Bilds»: Ein Text von C. F Ramuz will da gelesen werden. Welche Idee hinter dieser «Kunst am Bau» steckt? Wie das Werk zustande kam?
Geeignet als «Kunst-Schaufenster»
Beton, Stahl und Glas - dies die Materialien, die den Visper Bahnhofsplatz dominieren. Warum die grosse Nordfassade des UBS-Gebäudes nicht als «Kunst-Schaufenster» nutzen? - dies die Frage, die man sich in Visp stellte.
Eine entsprechende Anregung der Gemeinde Visp stiess bei den privaten Hauseigentümern des UBS-Gebäudes auf offene Ohren. Vor allem Miteigentümer Otto Imboden setzte sich mächtig ins Zeug für ein derartiges Projekt. So erteilten die Hauseigentümer dem Briger Künstler Renato Jordan den Auftrag, diese grosse Wand mit einem seiner Werke zu versehen.
«Dem Beton Natur entgegensetzen»
Für sein «Visper Schrift-Bild» wählte Renato Jordan einen Text von C. F Ramuz aus. Er entschied sich für die Passage «Die Abendstunde» aus dem Werk «Wallis». Warum ausgerechnet dieser Text über einen Sonnenuntergang?
«Mir ging es darum, all dem kalten Beton etwas entgegenzusetzen - und zwar Poesie zum Thema <Natur>», erklärt Renato Jordan. Wer das künstlerische Schaffen von Renato Jordan kennt, weiss um die Qualität von dessen «Text-Bildern». Und weiss auch, dass der Briger ein ausgezeichneter Fotograf ist
«Ein Foto - das wäre zu trivial»
Warum er denn in Visp auf Schrift und nicht auf ein NaturFoto - ein fotografierter Sonnenuntergang würde ja auch reizvoll wirken - setzte? Dazu der Künstler: «Eine derartige Fotografie wäre mir zu trivial. Geht es mir in meinem Schaffen doch darum, eine Idee in eine andere Form zu übersetzen.»
Vom Malen bis zur Montage
Selbstverständlich ist es nicht das eigentliche Original, das es da in Visp zu bestaunen gibt: Ein derartiges Werk direkt auf der Fassade zu verewigen - ein Ding der Unmöglichkeit.
Wie Renato Jordan vorging? «Zuerst malte ich das Original, mit einem Pinsel und in einem Zug», beginnt er. Anschliessend fotografierte er diese Arbeit und bearbeitete sie am Computer. Das Ganze ging dann an die Fachleute der Firma MarkroArt, welche das Werk auf die riesige Netz-Plache aufzogen und diese gestern in Visp installierten.
«Zufrieden, wie es rauskam»
Die Montage ging problemlos über die Bühne. Eigentlich kein Wunder. Hat doch MakroArt auch schon in Basel ein ähnliches Projekt erfolgreich umgesetzt.
Und ist Renato Jordan zufrieden? «Sicher, sehr sogar», gibt er zur Antwort. «Es kam raus, wie ich es mir vorstellte», fügt er hinzu.
Ob auf den ersten Blick erkennt, was ihm da von der UBS-Nordfassade entgegenblickt? Renato Jordan lacht. «Wohl nicht alle werden wissen, was ihnen da begegnet», findet er. «Viele Leute sehen zwar, aber sie schauen nicht», bringt er seine Ansicht auf den Punkt. blo
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SEOUL, The Beetlemap March 2007: english
SEOUL, The Beetlemap March 2007: korean
Walliser Bote, 31. März 2007
Im vergangenen Februar stellte der Briger Künstler Renato Jordan in Seoul aus. «Eine riesige Erfahrung - unbezahlbar», blickt er zurück. «Die Leute waren irrsinnig interessiert», berichtet er, «und alle wollten alles wissen», erzählt er.
Wie ein Oberwalliser Künstler zu einer Ausstellung in der Hauptstadt Südkoreas kommt, welches Bild ihm dieses Land
während seines dreiwöchigen Aufenthalts hinterliess?
«Plötzlich kam die Anfrage»
Renato Jordans Schwager arbeitet in diplomatischen
Diensten in Seoul. Er machte den Künstler denn auch aufmerksam auf das «Korea Foundation Cultural Center», welches sich mit Ausstellungen des Themas «Menschenrechte» annimmt. Eine Thematik mit der sich Renato Jordan bekanntlich intensiv auseinandersetzt. «Ich meldete mein Interesse an, fragte beim Auswärtigen Amt in Bern an», blickt der Künstler zurück. Lange Zeit habe er nichts mehr gehört, «doch plötzlich kam die Anfrage».
«Human Rights on Ten Panels»
Eine Chance, die sich Renato Jordan selbstverständlich nicht entgehen lassen wollte. Und so kam es, dass die Galerie «Nun» im Kulturzentrum von Seoul drei Wochen lang «Human Rights on Ten Panels» von Renato Jordan präsentierte.
Bereits beim Einrichten seiner Ausstellung kam der Enger mächtig ins Staunen: Eine ganze Crew - «alles Top-Profis» - stand ihm dafür zur Verfügung. «Und dann hatte man erst noch eine Kunststudentin angestellt, die dem Publikum während der Ausstellung meine Arbeit erklärte», erzählt er.
«Eine ganz verrückte Sache»
Was Südkorea so alles an Kultur vorzuweisen hat - «das hatte ich wirklich nicht erwartet», meint Renato Jordan. Und als «eine ganz verrückte Sache» bezeichnet er all die Erfahrungen, die er in Seoul machte.
Wie er sich mit den Leuten verständigte? «Vor allem auf Englisch, doch es gab auch Leute, die etwas Deutsch konnten. Und ansonsten mit Händen und Füssen - irgendwie geht es immer.»
Freundlich - und völlige Sicherheit
Was den Enger in Seoul am meisten beeindruckte: Die Freundlichkeit der Leute. «Diese Menschlichkeit war schlicht und einfach überwältigend», sagt er. Was ihm zudem auffiel: «Auf den Strassen trifft man auf viel Polizei,
aber diese ist fürs Volk da und nicht - wie in totalitären Staaten - für irgendeinen Diktator.» So sei er denn überall auf «offene Menschen gestossen, die dich sofort ansprechen». Sicher gebe es auch in Südkorea Negatives, ist sich Renato Jordan bewusst. «Aber solche Sachen sah ich nirgends, bemerkt er und sagt:«Ich erlebte nur Positives.»
Berchtold Lothar
Thema: Menschenrechte
Renato Jordan zeigte in Seoul seine Arbeit «Human Rights on Ten Panels». Er bearbeitete dazu zehn Tafeln -je 100 auf 120 Zentimeter -, die aneinandergereiht präsentiert wurden. Auf den Tafeln schrieb Renato Jordan übereinander zwei Texte: Die untere Schicht umfasst die Namen aller Staaten, welche die Menschenrechtskonvention unterzeichnet haben; auf diesen Text schrieb er anschliessend alle 30 Artikel der Menschenrechte. So wird auf den ersten Blick eine Ant Linienmuster sichtbar, doch eine jede Linie in diesem scheinbaren Muster ist Teil eines Buchstaben. Hinzu kommen zwei gesprochene Texte, die aus den Lautsprechern an beiden Seiten des Werkes kommen: Im ersten Text werden die Namen der Unterzeichnerstaaten aufgezählt, der zweite kommt daher als Gemurmel. Dies, weil hier zehn Personen die Menschenrechte lesen und diese Worte alle gleichzeitig und übereinandergelagert daherkommen. Renato Jordan ergänzte «Human Rights on Ten Panels» in Seoul mit einer Bilderschau: Er benützte dazu Internet-Pressebilder, die er digital verfremdete. Ziel dieser fast plakativen Gegenüberstellung von Macht und Ohnmacht: Dem Betrachter soll bewusst gemacht werden, wie Menschenrechte zur Anwendung kommen oder missachtet werden.
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Kunstausstellung zu «60 Jahre UNO» in Genf
Brig-G1is-Genf.
Grosse Ehre und Anerkennung für Renato Jordan
Der Briger Künstler vertritt die Schweiz an einer Kunstausstellung, welche die UNO zu ihrem 60-JahrJubiläum in Genf präsentiert. Vernissage feiert diese Werkschau kommenden Montag im Palais des Nations in der Calvinstadt. An die 70 Länder sind es, welche an dieser Ausstellung mit jeweils einem Künstler oder einer Künstlerin vertreten sind.
Werte der UNO und Kultur des Landes
Wie das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) schreibt, lud die UNO jedes ihrer Mitgliedsländer zum Mitmachen an dieser Werkschau ein. Was in Genf an zeitgenössischer Kunst präsentiert werde, solle das Kulturschaffen des eigenen Landes aufzeigen sowie die Werte der UNO vertreten, hiess es. Die Wahl des EDA fiel nun auf den Briger Fotografen und Kunstmaler Renato Jordan. Er wartet im Palais des Nations mit seiner zehnteiligen Arbeit «Menschenrechte» auf.
«Jede Linie ist Buchstabe...»
Anfang Jahr wartete Renato Jordan in der Briger Galerie «zur Matze» mit einer spannenden Ausstellung auf. Seine Darstellung der «Menschenrechte» war an jener Werkschau nicht zu sehen. Das Werk, das Renato Jordan nun in Genf zeigt, setzt sich zusammen aus zehn Bildern. Ein jedes davon ist 100 auf 120 Zentimeter gross. Auf diesen zehn Tafeln sind alle 30 Artikel der Menschenrechte in heller, grauer Schrift verewigt. «Jede Linie ist Buchstabe. Das heisst, es gibt auf den zehn Bildern keinen Pinselstrich, der nicht Teil eines Schriftzeichens ist», erklärt der Briger Künstler seine «Menschenrechte».
«Von Menschen für Menschen, aber...»
Zerbrechlich und transparent dies der Eindruck, den das Kunstwerk «Menschenrechte» erweckt. Die Verletzlichkeit all dieser elementarsten Rechte eines jeden Menschen wird einem damit auf sanfte, aber bestimmte Art vor Augen geführt. Die Menschenrechte wurden «von Menschen für Menschen geschrieben und von der Welt als verbindlich erklärt», bemerkt Renato Jordan. «Aber sie werden nicht immer beachtet», fügt er hinzu.
Bis zum 24. Oktober zu entdecken Die Ausstellung im Palais des Nations dauert bis zum 24., Oktober. Wer sich für zeitgenössische Kunst interessiert, dürfte dabei einen interessanten Uberblick übers Schaffen in rund 70 Ländern gewinnen. Und dass dabei ein Walliser Künstler die Schweiz vertreten kann, darf den einen und die andere hier zu Lande auch ein bisschen stolz machen. Mit der Eröffnung der Kunstausstellung erfolgt am Montagabend im Genfer Palais des Nations auch der Auftakt der Feierlichkeiten zum Jubiläum «60 Jahre UNO». Mit dabei sein werden Politikerinnen und Politiker aus zahlreichen Ländern. Zugegen sein wird auch Bundesrätin Micheline Calmy-Rey.
Walliser Bote, 25. Juni 2005
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Auf den ersten Blick geschwungene Linie, rhythmische Zeichen. Mal auf farbigem, mal auf weissem Hintergrund. All diese Zeichen «riechen» nach Musik. Beim genaueren Hinsehen die Entdeckung: Es sind alles Worte, die da in diese Bilder Einlass fanden. Und spätestens beim Blick in die Ausstellungsunterlagen wird klar: Renato Jordan, der Macher dieser Werke, hat hier bekannte Texte in Bildern verewigt. Und plötzlich lassen sich all die Bilder auch lesen Wort für Wort.
In der Briger Galerie «zur Matze» sind diese «TextBilder» ab kommenden Samstag die Vernissage ist angesagt auf 18.00 Uhr zu entdecken. Die Ausstellung dauert dann bis zum 13. Februar. Mit dieser Ausstellung eröffnet der Kunst'erein Oberwallis seinen Ausstellungsreigen der Saison 2005.
In zwei Teile gegliedert
Während die Bilder im ersten Raum der «Matze» sich mit Alban Bergs Oper «Wozzeck» (entstanden nach Georg Büchners «Woyzeck» auseinander setzen, warten die Werke im zweiten Saal mit Texten unterschiedlichster Herkunft auf: Von Dürrenmatts Schweiz bis biblische Schöpfungsgeschichte, von indianischem Lied bis chinesische Weisheiten reicht die Palette. Und nicht zu vergessen Albert Einstein.
«So einfach als möglich umsetzen»
Fast durchwegs grossflächig sind die Arbeiten, die Renato Jordan in Brig zeigt. Das Werk mit Albert Einsteins Text «Mein Weltbild» wartet zum Beispiel mit einer Grösse von 220 auf 300 Zentimetern auf. All die Worte in den Bilder sind miteinander verbunden. Sind in einem Zug gemalt. Was einiges an Übung voraussetzt, was nach einem meditativen Malen verlangt.
Wie er eigentlich dazu kam, Texte in Bilder umzusetzen? Dazu Renato Jordan: «Diesen Weg nahm ich über die Musik, der Anstoss dazu vermittelte mir Alban Bergs 12TonKomposition <Wozzeck>.»
Texte auf Bildträger zu verewigen wie ging er dabei ans Werk? «Mein Ziel war es, dies so einfach als möglich umzusetzen», erklärt der Künstler.
Warum ausgerechnet diese Texte?
Auf ein breites TextSpektrum trifft, wer sich diese Bilder zu Gemüte führt. Was all diese Texte miteinander verbindet? «All dies sind wichtige Texte für mich», erläutert Renato Jordan. Praktisch alle Texte sagen denn auch etwas aus über den Menschen, über die Gesellschaft, übers Leben. «Jeder Gefangene beweist, in dem er sein eigener Wärter ist, seine Freiheit», wird da beispielsweise aus Friedrich Dürrenmatts «Rede auf Vaclav Havel» verwiesen. «Wenn einer mit Vergnügen in Reih und Glied zu einer Musik marschieren kann, dann verachte ich ihn schon... » lässt sich im «EinsteinBild» lesen.
Inhalte, die oft übersehen werden
«Ich will die Leute auf diese Texte aufmerksam machen», sagt der Künstler. Und was er auch weiss: Es gibt zahlreiche Texte, die fast jeder Mensch kennt und fast keiner mehr Beachtung schenkt. Dies mag die Bibel sein, dies kann auch für die Menschenrechte gelten. Diese Achtlosigkeit sinngebenden Worten gegenüber den einen oder andern Moment lang bewusst werden auch dies eine Wirkung, die Renato Jordans anregende «TextBilder» in sich tragen.
«Es gibt noch weitere wichtige Texte...»
Was bei Renato Jordans Werken zudem auffallt: Die meisten «TextBilder» haben zwar viel mit Wertvorstellungen zu tun und trotzdem wirken sie verspieltmusikalisch und nicht streng.moralinsauer. Und nicht zu kurz kommt dabei der Humor. Wie zum Beispiel in jenem Bild, in welchem kräftig gejodelt wird. Klar ist für Renato Jordan, dass er mit seinen «Text-Bildern» weitermacht. Eigentlich aus einem einfachen Grund: «Es gibt noch weitere Texte, die für mich wichtig sind.»
Lothar Berchtold; Walliser Bote, Januar 2005
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Rezensionen zum Bildband «Leni, Nomadin» - Im Herbst 2001 erschienen, zwei Druckauflagen verkauft.
Fotos Renato Jordan
Text Pierre Imhasly
Zwei Neuerscheinungen im Anna-Wimschneider-Genre hat Rüdiger Dilloo anzuzeigen: Den bei Stroemfeld erschienenen Bild- und Textband "Leni, Nomadin" von Renato Jordan (Fotos) und Pierre Imhasly (Text) sowie Heinrich Thies' "Geh aus, mein Herz, und suche Freud" (Hoffmann und Campe).?1) Renato Jordan, Pierre Imhasly: "Leni, Nomadin" ?Den Band über eine alte Hirtin in den Schweizer Bergen hält Dilloo für großartig, dicht und schön. Imponiert hat ihm die Unaufgeblasenheit des Ganzen, die dem Betrachter Rätsel aufgibt: "Bilder-Rätsel wie aus einem frühen Bergmann-Film", wenn der Fotograf die "Szenen eines Nomadenlebens" scharf ausleuchtet, diese "Fragmente einer fremd gewordenen ... Lebensweise". Der Text scheint ihm dazu zu passen: "kryptisch, widerständig, Poesie". Und genau gelesen, findet er, macht er hinter dem "körperlichen Dasein" der alten Frau eine "unerwartete geistige Ebene" aus. Das hat mit Religion zu tun und, Dilloo ist richtig überrascht, mit Literatur. Denn Leni liest Tolstoj.
Rüdiger Dilloo,DIE ZEIT LITERATUR,3/2002 (ganzer Artikel):
Was wissen denn wir?
Die Hirtin Leni, die Bäuerin Hanna: Zwei Neuerscheinungen bringen uns das weibliche Leben und Sterben auf dem Land näher?
Anna Wimschneider liegt auf dem Gartlberg in Pfarrkirchen begraben, das ist ein markanter grüner Buckel am Rand der niederbayerischen Kreisstadt, mit alten Bäumen und einem Gotteshaus bestanden, schön dort. Besinnlich. Vielleicht sollten einmal ein paar Verleger, Autoren und Autorinnen da hinaufgehen. Einen Strauß sollten sie aufs Grab legen, Gerbera wär nicht verkehrt, das waren die Lieblingsblumen der Toten. Dazu all die Bücher, die sie, Anna Wimschneiders Erfolg im Blick, geschrieben und gedruckt haben. Dann könnten sich die Besucher noch ein Viertelstündchen an die Nase fassen und schweigen. Bevor sie wieder gehen.
Herbstmilch hat sich bis heute 2,1 Millionen Mal verkauft. Man mag es fast nicht glauben. Anna Wimschneider, Kleinbäuerin, Jahrgang 1919, vor neun Jahren gestorben, hatte ihre Lebenserinnerungen in zwei Schulhefte geschrieben, für eine Enkelin. Sie waren zum Piper Verlag geraten und 1984 herausgekommen. Ein nüchterner Bericht von Zuständen auf dem Land. Arbeit, Unterdrückung. Arbeit, Einsamkeit. Arbeit, grausame Gemeinheit. Arbeit. Armut. Und Trost in der Liebe. Herbstmilch, frei von Pathos, Anklagen und Selbstmitleid, hat uns bewegt bis zur Empörung. Das Buch hat der Frau mit der Kittelschürze und dem grauen Haarknoten in kürzester Zeit ein paar Millionen eingebracht, einfach so, einen herzerwärmenden "Starruhm" quer durch die Talkshows und Kulturprogramme, außerdem das Bundesverdienstkreuz. ?Noch zu Wimschneiders Lebzeiten kamen die Nachahmer. Im Windschatten ihrer Popularität musste sich doch das Genre - rührender Einblick ins Leben der einfachen Leute - neu anschieben lassen? Die literarische Traditionslinie war ja von Dickens bis zu Seamus Heaneys Gedichten über seinen Torf stechenden Vater und John Bergers SauErde nie abgerissen (zuletzt hat Frank McCourt sie kunstvoll aus der Asche seiner Mutter geholt). Nun hatte eine literaturferne Amateurin am Küchentisch diesen Millionenseller gezaubert; nur zwei Jahre vor ihr war die oberschwäbische Handarbeitslehrerin Maria Beig, Tochter armer Obstbauern, mit ihrer ebenfalls harten, ebenfalls in Schulheften notierten, von Martin Walser geförderten Lebensgeschichte Rabenkrächzen aufgefallen. Sauermilch, Apfelschnaps, Düstervögel. Sauerde. Wenn das kein Trend war.
Er wird bis heute gemolken. Zwei neue einschlägige Bücher liegen vor, eins davon ist die gute Nachricht. Das andere? Macht schon beim Titel dicke Backen und lässt bis zum Nachwort aber auch gar nichts aus, was Eindruck schinden könnte: das Motto nicht (von Dylan Thomas, Respekt bitte), die Widmung, die Danksagung nicht und nicht den Hinweis auf "die Literarische Agentur" XY, die "dieses Werk" vermittelte. Es heißt Geh aus, mein Herz, und suche Freud - Das Leben der Bäuerin Hanna. Autor Heinrich Thies, Journalist in Hannover, schreibt über seine Mutter, die 1913 als Tochter kleiner Heidebauern zur Welt kam: eine Zeit- und Milieugenossin der Wimschneider. Nach frühem Tod des Vaters und darauf folgendem Selbstmord ihrer Mutter musste sie als Magd bei wechselnden Dienstherren arbeiten, heiratete während des Krieges einen Bauern, der aus der Gefangenschaft nicht zurückkehrte, wurde durch familiäre Ränke abermals zur Magd und kam erst in ihrer zweiten Ehe zu Mutterschaft und Bäuerinnenstatus - den der landwirtschaftliche "Strukturwandel" noch vor ihrem Tod 1993 gegenstandslos machte. Sie wurde 80 Jahre alt.
Im Winter liest Leni die Russen
Wie ihre paar Kühe, die nach allem, was man auf den üppig vielen Seiten des Buches zu lesen bekommt, neben Gottglauben und Religion vielleicht ihr wichtigster, jedenfalls aber beständigster Lebensinhalt waren, wie die Kühe der alten Frau nach Auszahlung der "Abschlachtprämie" endgültig vom Hof und mit ihrer Hilfe in den Viehtransporter getrieben werden, gehört zu den stärkeren Szenen des Buches. Es ist gelungen in manchen dokumentarischen, vom Autor mehr oder weniger miterlebten Passagen und einigen Landschaftsbeschreibungen. Es wird schwach, wo er in fiktiven Episoden und Dialogen das Romanhafte anstrebt. Loreromanhaft wird es dann, dramaturgisch und sprachlich. Wie aus einem Textbaukasten für die Heimat-Heftchen der fünfziger Jahre zusammengeklaubt. Die Heldin "eilt schluchzend von dannen", "folgt frohen Mutes dem Ruf der Kirchenglocken", "weint bitterlich", später "noch bitterlicher". Da hüpfen Herzen vor Freude, tut's in der Seele weh, herrscht stummes Entsetzen, sitzt der Schalk im Nacken, wird wie am Spieß geschrien, manch böser Streich gespielt, die Hölle heiß gemacht. Und kein Sprachklischee ausgelassen.
Schade; denn wenn Heinrich Thies gegen Schluss seines Buches auf "farbige" Dramatisierung eher verzichtet und sich auf das konzentriert, was er authentisch weiß von der Frau, die ihn geboren hat, erreicht er uns gelegentlich mit schnörkelfreien Sätzen ("Unablässig fraß die Arbeit ihre Tage"), und wir gewinnen doch noch Erkenntnis: über das Altwerden im Bauernhaus, über die Ungeduld der Jungen mit den Alten, der Alten mit den noch Älteren. Über Facetten des Wartens auf den Tod. ?Leni, Nomadin heißt, bezeichnend knapp, die zweite Neuerscheinung im Wimschneider-Genre. Es ist ein großformatiger Bild- und Textband über eine alte Frau in den Schweizer Bergen. Die Schwarzweißfotos sind von Renato Jordan, dazu hat Pierre Imhasly knappe 20 Seiten lyrische Prosa geschrieben. Ein dichtes, schönes Buch, das ganz unaufgeblasen daherkommt, zur Abwechslung, aber voller Wunder ist. Auf dem Titelfoto steht Leni im Schnee vor einer kahlen Hauswand mit seltsamen quadratischen Löchern, schiebt eine graue Strähne unter ihr Kopftuch und lächelt an der Kamera vorbei ins Ungefähre: Was wisst denn ihr?
Rätsel im Auge des Betrachters, von Anfang an, Bilder-Rätsel wie aus einem frühen Bergman-Film. In extremen Bildausschnitten zeigt Renato Jordan Szenen eines Nomadenlebens inmitten unserer Zivilisation. Menschen und Tiere sind scharf ausgeleuchtet und so nah herangeholt, als hätte ein Sturm sie vors Objektiv gefetzt. Die etwa 50 Fotografien sind ganz- oder doppelseitig im Block hintereinander angeordnet, durch Text nicht unterbrochen und erst einmal nicht erklärt. (Kurze Bildlegenden finden sich separat auf den hintersten Seiten.) Überraschungen, beim Blättern. Fragmente einer fremd gewordenen, auf archaische Art ebenso mobilen wie humanen Lebensweise. Ruhig und total erscheint in diesen Fotografien nur die Landschaft: "das Stumme Buch, der Berg".?Die vielleicht 75-jährige Leni, von der wir weder den vollen Namen noch das genaue Alter erfahren, nomadisiert, seit sie neun ist, Jahr für Jahr als Hirtin im Grenzgebiet zu Italien. Im Winter wohnt sie in Simplon, ihrem Heimatdorf. Wie der Schnee vergeht und das Weidegras wächst, geht sie von dort in drei Stufen hinauf auf den Berg, auf den Maiensäß im frühen Frühjahr, auf die Alp im Juni, zum Obersäß im August. Und dann in drei Stufen wieder hinunter, Ende Oktober ist sie zurück im Dorf. Simplon, Schalbettji, Piänexa und Gise heißen die Orte, die Lenis Leben zwischen 1400 und 2100 Metern bezeichnen. Geißen, Rinder, Kühe und Schweine folgen ihr, oder sie folgt ihnen, ihre Bienen und den Hausrat tragen zwei Esel von Hütte zu Hütte, die Katzen im Sack trägt sie selbst. Erst hinauf. Dann hinunter. Dann von vorn. Vielleicht schon 70 Jahre. Da weiß eine, was sie tut, zeigen die Bilder. "Die Nomadin hat den Kalender im Leib, in den Füßen", sagt der Text.?Aber das ist nicht alles im Leben der Leni. (Was wissen denn wir?) Pierre Imhasly schreibt passend fragmentarisch zu den Bildern, sein Textblock ist kryptisch, widerständig, Poesie. Doch genau gelesen, macht er hinter dem körperlichen Dasein der alten Frau eine unerwartete geistige Ebene erfahrbar. "Du handfeste Astrologin von Ewigkeiten", ruft Imhasly sie an, "du minutiöse Beterin zur Erde, Religion ist dir alles." Was noch am wenigsten überrascht; Religion, ein roter Faden im bäuerlichen Frauenleben jener Generation. Aber Leni, Nomadin, liest (im Winter, natürlich) die Russen. "Dostojewskij, Tolstoj, die Rachmanova, das kennst du vor und zurück." Nicht nur liest sie sie, die Nomadin fährt hin nach Moskau und Sankt Petersburg, Leni, die "Schwester der Kompromisslosigkeit". Nicht nur nach Russland reist sie, auch nach Indien, "man müsste den Hinduismus gehörig studieren", aber im April geht's ja wieder auf den Berg. "Auch Krishna, der Glückliche, hat Kühe gehütet."
Leni, Nomadin. Liest "das deutsche Intelligenzblatt, das unhandliche Format, macht acht Tage daran", im Winter natürlich. Im Sommer die Todesanzeigen, wenn jemand die Lokalzeitung hinaufbringt. Wie wird Leni sterben? "Auf der Alp stürbest du leise hin und leicht, des bin ich gewiss, schliefest du ein wie eine Große Blume, die der Raureif nahm", schreibt ihr Verehrer. "Wer wegfällt, wird ersetzt; alle sind wir ja nur Lüftchen. Himmel, Äther. Pneuma." Finis, o Leni, lesende Nomadin. Finis.
Entstanden ist ein ebenso schönes wie wundersames Buch; es erzählt aus einem Leben in Übereinstimmung mit dem Naturgeschehen, es zeigt Bilder aus einem Dasein, in dem alles seine Zeit hat: das Gebären und das Sterben, die Not und die Freude, die Geschäftigkeit und die Sehnsucht. Nein, keine Idylle. Die Spuren des Lebens haben sich als Furchen ins Gesicht gegraben, um Augen und Mund aber spielt eine Heiterkeit, und aus mancher Gebärde ahnt man das Wissen um grössere Zusammenhänge.
Lenis neunzehn Schürzen: Pierre Imhasly und Renato Jordan zeigen die innerste Schweiz?
Magdalena Zenklusens Hand ist eben durch ihr graues Haar gefahren, das unter dem Kopftuch hervorsieht und in dem einzelne Schneeflocken hängen; die Hand beschützt das Ohr und gibt den Blick frei auf das durch Falten fein gezeichnete Gesicht einer alten Frau vor einer Hauswand mit quadratischen Luken, die aus dem Schnee aufragt. Der Mantel der Frau ist aus einem auffallend gemusterten Stoff, wie man ihn in den fünfziger Jahren für Möbelbespannungen verwendete, was der archaischen Szene einen beschwingten Duktus verleiht und im Betrachter die Neugier weckt, nach dem leuchtenden Blick und der "klaren Schärfe" dieser Frau zu fragen. Sie ist Hebamme und Bäuerin im Schweizer Grenzgebiet zu Italien, wo unten die Doveria von Simplon durch die Gondo-Schlucht nach Domodossola strömt und oben die Terrassen der Almen zur Baumgrenze aufsteigen. Pierre Irnhasly, der Dichter der "Rhone-Saga" (1996), und der in Brig/Wallis ansässige Fotograf Renato Jordan haben das Porträt einer Frau gezeichnet, die durch ihre Lebensform die kulturellen Epochengrenzen auf ganz persönliche Weise durchbricht.
Imhaslys in kolloquialem Ton gehaltener Hymnus, die meist doppelseitigen Schwarzweißfotografien Jordans und die im Anhang gegebenen Erläuterungen feiern kein Idyll. Zwar reicht das Leben der Magdalena Zenklusen tatsächlich in die Vorzeit der Moderne, denn wer - oft nach Märschen durch Eis und Fels - "zweihundertfünfundachtzig Kinder ans Licht gesetzt" hat, wer allsommerlich mit Geißen, Eseln und Katzen auf die Almen zieht, fügt sich schlecht in neuzeitliche Raster. Zum anderen hat aber die Abgeschiedenheit des Tales - wie Imhasly mit spöttischer Verve betont - zu radikaler Emanzipation geführt: "An ihrem Berg gibt es nur Frauen. (Und Tiere auch.) Wo Männer auftauchen, sind sie zum Helfen da; ohne Unterschied." Leni wird so zu einer an Artemis und Hekate gemahnenden Herrin der Tiere, der die Geißen nachlaufen, die die Katzen liebt und die ohne Blick beim Sauschlachten vorbeigeht. Zugleich ist sie "Herrin der Consecutio Temporum": Sie hat den katholischen Heiligenkalender und die kirchlichen Feste im Blut, ohne doch durch sie gefesselt zu werden. Zur Zeit der Fronleichnamsprozession ist sie längst auf dem Berg, und wenn der Pfarrer zu Jakobi, am 25. Juli, zur Kapelle auf die unterste Alm kommt, ist sie meist schon eine Terrasse höher gezogen. Ihre Frömmigkeit ist anders begründet.?Die Leni, Schwester eines Pfarrers und Kind aus einer alten, weitverzweigten Familie, wohnt in einem Haus aus dem Jahr 1647 und blickt dennoch über ihr Tal hinaus. Sie liest viel, von "Frauenliteratur" bis zu Tolstoj und Dostojewskij: "Die Russen, tüchtig schwer", so Leni. Auf ihrem Nachttisch steht ein Globus, sie war in St. Petersburg, in Spanien und auch in Indien. Ihre "neunzehn Schürzen der Serenität" werden für Imhasly zu "Saris" und den unvergeßlich groß geblümten Kleidungsstücken, die man auf mehreren Fotos sieht, wird man diesen- Namen schwer versagen. Das im Text geübte Projizieren fernöstlicher Muster auf die alpine Lebensform dürfte allerdings allein auf das Konto Imhaslys gehen, denn Leni, die "Schwester der Kompromißlosigkeit", scheint hierin klüger als ihr Dicht6r, fordert sie doch genaues Studium des fremden Glaubens: "Wir können unsere Religion aucb nicht einfach so hinstellen", so Leni. Gewöhnungsbedürftig ist auch Imhasly"; Sprachmischung, in der "mega Schöpfkellen" neben dem "Sankt Herrgottstag" stehen, doch im französisch und italienisch durchwachsenen Idiom der Schweiz mag das angehen.?Die Schwarzweißfotografien von Renato Jordan haben es leichter, die Spannungen dieser Lebenswelt auszuleuchten. Sie sind oft aus starker Untersicht aufgenommen, ganz nah und mit bisweilen schroff zusammengespannten Bildausschnitten. Sie zeigen heiteren Takt bei allem Folkloristischen und spüren aufmerksam den feinsten Linien nach: in Felsen, Holz und Gesichtern. Die Monochromie ermöglicht es dabei dem Fotografen wie einem buddhistischen Tuschmaler, die Einheit der Welt in seinem Medium unmittelbar darzustellen: Fels und Atem, Katze und Schatten, Schnee und Sonnenlicht sind bloß Nuancen des einen. Ob Magdalena Zenklusen daran oder nicht doch an ganz anderes glaubt, bleibt ihr Geheimnis.
Thomas Poiss,Frankfurter Allgemeine Zeitung,2.2.2002
Die Nomadin
Ein Fotoband gibt Einblick in eine verschwindende Lebensform.
Leni geht auf den Berg, seit sie neun ist. Allein. Bei sich nur die Tiere: Zwei Eselinnen, die geduldig das Wenige tragen, das man zum Leben auf der Alm braucht. Jeden Sommer führt Leni das Vieh auf die entlegenen Weiden an der italienischen Grenze. Gehts los, steckt Leni die beiden Katzen Veritas und Chouchou in den Sack, und hopp! Sie sorgen für etwas Gesellschaft, wenn die Hirtin ihre einsamen Kehren durch die Walliser Alpen zieht.
Leni ist die Hauptfigur in Renato Jordans feinfühligem Fotoessay, der nun in Buchform vorliegt. Aus einer vergangenen Epoche scheinen sie zu stammen, die über fünfzig Schwarzweissaufnahmen. Sie dokumentieren das Leben einer Wanderhirtin, das sich allein nach dem Taktstock der Natur richtet. Fromm ist es, widersetzt sich der Vereinnahmung. Wer das Klischee der dümmlichen Kuhhirtin bedient sieht, irrt sich. Jordan zeigt eine weltoffene, kluge Frau, deren Neugier sie bis nach Indien und Moskau trieb. Ihre Lieblingslektüre: Dostojewski, Tolstoj ("Die Russen, tüchtig schwer!").
In ihren Bann zog sie den Fotografen schon als kleinen Buben: Tief beeindruckt war Jordan, wenn die gelernte Hebamme im Dorf ein Kind entband. Zweihundertfünfundachtzig Geburten hat sie seither begleitet. Jordans unprätentiöse Bilder sind eine Hommage an diese Frau, die früh gelernt hat, standhaft zu sein, wenn anderen die Knie nachgaben. Seine Bilder schaffen eine Nähe zu ihr, ohne sie jemals an den Betrachter auszuliefern. Zum Feingefühl des Psychologen gesellt sich der Scharfblick des Ethnografen: Der Walliser rettet das Andenken an eine Wirtschaftsform, den Nomadismus, der heute in der Schweiz kaum mehr praktiziert wird. Leni ist die Letzte ihres Schlags. Die lyrischen Bilder enthüllen ein raues Leben voller Mühsal. Aber ein friedvolles zugleich, selbst bestimmt und voller Würde noch im Alter. ?Ein Poem zwischen hoher Lyrik und warmherzigem Essay ist auch der Textbeitrag von Pierre Imhasly, der vor fünf Jahren mit seiner grossmächtigen "Rhone Saga" ins Scheinwerferlicht getreten ist. Mit Worten beschwört er, was in den Fotos leise anklingt: "An ihrem [Lenis] Berg gibt es nur Frauen. (Und Tiere auch.) / Wo Männer auftauchen, sind sie zum Helfen da; / ohne Unterschied." Imhasly lässt keinen Zweifel offen: Die Verantwortung für die Welt ruht auf den Schultern der Frauen. So ist das Buch mehr als ein einfühlsames Porträt - es ist eine Würdigung des Weiblichen als erzeugendem Prinzip schlechthin. Wenn Leni auf einem der Bilder duldsam einen Kiefernstamm zum Herdfeuer buckelt, unbeirrbar wie Jesus sein Kreuz, so scheint sie tatsächlich die Verantwortung für die ganze Welt auf ihren Schultern zu tragen.
Sascha Renner,Tages Anzeiger,3. Dezember 2001
B.MAGAZIN
Der Fotoband „Leni, Nomadin“ ist eine Hommage an die Walliser Wanderhirtin Leni, wohl die Letzte ihres Schlages. Der Fotograf Renato Jordan kennt die gelernte Hebamme seit seinen Kindertagen in der Simplon-Gegend. Mit seiner Kamera hat er Leni und ihre Tiere auf den Wanderungen über die Alpweiden bis an die italienische Grenze immer wieder begleitet. Dabei sind eindrückliche Schwarzweissaufnahmen entstanden, die zusammen mit den lyrischen Texten von Pierre Imhasly das Bild einer aussergewöhnlichen Frau und einer aussterbenden Lebensform vermitteln.